seit 1953

Schwammbekämpfung (Schloß Krickenbeck jetzt Fortbildungszentrum)

Autor: von Dipl.-Ing. Günter de Graaff Quelle: bausubstanz, Planen - Ausschreiben - Ausführen, Fachmagazin für Bauwerkserhaltung, Meininger Verlag GmbH, 1990, alle Rechte vorbehalten

    

Eine wechselnde Geschichte weist Schloß Krickenberg auf. Mehrmals um- und ausgebaut brannte es Anfang dieses Jahrhunderts nieder. Der neue Besitzer ließ im vergangenen Jahr das Kleinod vollständig instandsetzen.

Schloß Krickenbeck liegt im Kreis Viersen und ist ein bedeutendes Baudenkmal unter den rheinischen Wasserburgen. Die wechselvolle Baugeschichte beginnt im 13. Jahrhundert. Das Bauwerk wird im Laufe der Zeit erweitert und zum Barockschloß umgebaut. Im 19. Jahrhundert erfolgt eine Neufassung der äußeren Gestalt durch den Kirchenbaumeister Statz im neugotischen Stil.

Durch ein Großfeuer wird das Schloß 1902 bis auf die Außenmauern vernichtet und durch den Architekten Schaedtler im Stile der Frührenaissance in kurzer Bauzeit wieder aufgebaut. Die abgebrannten Holzbalken wurden durch Stahlträgerdecken ersetzt. Nach dem 2. Weltkrieg wurde das Schloß als Altenheim, die Gebäude der Vorburg als Wohnungen, Stallungen und für die Forstwirtschaft genutzt. Vor dem Erwerb durch die Westdeutsche Landesbank stand das Hauptschloß einige Jahre leer und hatte eine provosorische Dacheindeckung durch eine Unterspannbahn erhalten.

Für den Umbau zu einem Fortbildungszentrum der Bank wurde vom Institut für Gebäudeanalyse, München, ein Gutachten erstellt, das als Grundlage für Aussschreibung der Instandsetzungsarbeiten verwendet wurde.

In fast allen Räumen konnte Befall durch holzzerstörende Pilze unterschiedlicher Art festgestellt werden. Bei Teilen des Dachgeschosses, die durch Fäulnisprozesse ihre Tragkraft eingebüßt hatten, bestand Einsturzgefahr. Einige Holzdeckenfelder waren bereits in das darunterliegende Geschoß abgestürzt. Das Eichenparkett, der Blindboden und die Lagerhölzer des Fußbodens waren aufgequollen, das Holz stellenweise würfelbrüchig pulverisiert und in der Substanz zerstört.

Im gesamten Gebäude konnte an einer Vielzahl von Stellen Fruchtkörper des Echten Hausschwammes (serpula lacrimans) gefunden werden (Abb. 2 bis 4). Deutlich sichtbar ist das rostbraune Mittelfeld mit den Sporen und dem weißlichen Zuwachsrand zu erkennen. In einigen Räumen konnte an den Textil- und Holzverkleidungen watteartiges Luftmyzel des Hausschwammes - aber auch des Kellerschwammes - festgestellt werden. Überall gab es Schimmelpilzbefall (Aspergillus niger) und Algenbewuchs. Der Umfang des Pilzbefalls nahm vom Keller zum Dachgeschoss zu. Der Befall durch den Echten Hausschwamm war im Vergleich zu den anderen Geschossen im Keller- und Dachgeschoss geringer. Hier dominierte der Befall durch den Kellerschwamm mit starker Myzelbildung und teilweiser Fruchtkörperbildung.

Die Ursache für den starken Pilzbefall konnte mühelos ermittelt werden: Unterlassene Bauunterhaltung, die zu defekten Dachrinnen und Regenrohren sowie Dachundichtigkeiten geführt hatte. Die jahrelange Vernachlässigung der Regenentwässerung hat stellenweise sogar zu Baumbewuchs in den Außenmauern geführt. Darüber hinaus waren vom Voreigentümer erhebliche planerische Fehler gemacht worden. Er hatte in dem Glauben, die Regendichtheit des Daches zu verbessern, das defekte Schieferdach abgetragen und es statt dessen mit einer Unterspannbahn aus gewebearmiertem Kunststoff abgedeckt. Diese war schon nach wenigen Monaten durch starke UV-Strahlung und Windbelastung regelrecht zerbröselt und zerfetzt. Dadurch konnte das Regenwasser praktisch in alle Geschosse eindringen und den Feuchtegehalt in den organischen Baustoffen (Holz, Textilien, Leim, Papier) so stark erhöhen, dass die Pilze günstige Wachstumsbedingungen vorfanden. Überall dort, wo die Dacheindeckung wenig Schäden aufwies - Bergfried, Turmdächer -, also kein Wasser eingedrungen war, konnte ein wesentlich geringeres Pilzwachstum festgestellt werden.

Der Pilzbefall hat sich aus den Sporen entwickelt. Diese sind in der Luft allgegenwärtig. Neben den Feuchtigkeitsverhältnissen im Baustoff und dem geeigneten Nährboden ist die Entwicklung und Entstehung der Holzpilze von den Temperaturverhältnissen abhängig. Optimalwerte für das Wachstum liegen bei 18 bis 22° C, also im Sommer oder in beheizten Räumen.

Schadenssanierung
Maßgebend für die Bekämpfung des Pilzbefalls ist die DIN 68 800 Teil 4 (Holzschutz im Hochbau, Bekämpfung von Befall durch Insekten und Pilze), die allerdings bauaufsichtlich nicht eingeführt ist. Danach mußte mit einem Sicherheitsabstand von 1m alles infizierte Holz ausgebaut und vernichtet werden. Dies war ein großer Verlust für das Denkmal. Von der Holzausstattung der Jahrhundertwende musste fast alles entfernt werden. Der Pilz hatte im Ergebnis die gleiche Wirkung wie das Großfeuer um die Jahrhundertwende.

Aufgrund der starken Verbreitung des Echten Hausschwamms und anderer Pilze im gesamten Hauptschloß mußte eine Mauerwerksbehandlung zur Vermeidung des Wiederauflebens nach dem Umbau durchgeführt werden. Nach dem IGS-Gutachten wurden Bekämpfungsmaßnahmen, die sich nur auf die Bauteiloberflächen erstreckten, von der Bauleitung als unzureichend angesehen. Eine Hitzebehandlung schied wegen der bis zu 2 m starken Außenmauern und den notwendigen, jedoch unerreichbaren Kerntemperaturen von vornherein aus. Die Wahl der Bekämpfungsmethode fiel auf das Bohrlochinjektageverfahren mit pilztötenden Mitteln.

Der Bauherr forderte, dass nur Schutzmittel verwendet wurden, die das Gütezeichen RAL besitzen und damit automatisch eine amtliche Prüfung auf gesundheitliche Unbedenklichkeit durch das Bundesgesundheitsamt in Berlin durchlaufen haben.

Nach Abschlagen des Putzes und dem Auskratzen der Fugen erfolgte die Bohrlochtränkung von der Innenseite her. Nur im Bereich der Kapelle wurde der Innenputz wegen möglicher Malschichten belassen. Die Arbeiten sind von außen her im Raster des Sichtmauerwerks ausgeführt worden. Auf einem Quadratmeter wurden jeweils 16 Bohrungen bei einer Bohrtiefe von zwei Drittel des Wandquerschnitts gesetzt. Danach sind die Bohrungen mit dem pilztötenden Mittel (Basilit M, 20prozentige Lösung) bei einem Druck von 2 bar verpreßt und mit einem speziellen sulfatarmen Tubag-Traßzementmörtel verfüllt worden. Im Anschluß an die Verpreßarbeiten wurden alle Bauteiloberflächen mit einem Brenner abgeflammt und zusätzlich im Flutverfahren mit den gleichen pilztötenden Mittel behandelt.

Instandsetzung des historischen Mauerwerks
Während der Bohrarbeiten gab es Schwierigkeiten mit den historischen Mauerwerk. Es wurde festgestellt, dass dies - wie auch einige Zwischenwände - aus mehreren Schichten mit Spalten und Hohlräumen besteht. Um eine möglichst homogene Durchtränkung aller Mauerquerschnitte zu erreichen, mussten die Spalten mit Injektionsmörtel verfüllt werden.

Als ergänzende vorbeugende Maßnahme wurden die erdberührten Außenwände abgedichtet und eine nachträgliche Horizontalsperre aus Chromstahlplatten eingebracht. Sodann wurden die Außenwände neu verfugt. Neueingebautes Holz wurde entsprechend der DIN 68 800 Teil 3 vorbeugend imprägniert.

Außer der chemischen Behandlung war zur Sicherstellung des langfristigen Erfolges der Schwammbekämpfung die vorgenannten konstruktiven Schutzmaßnahmen und das Fernhalten des Regenwassers durch ein neues Dach von wesentlicher Bedeutung. Alle infizierten Holzreste aus der Baugrube und unter dem neu eingebrachten Kellerboden wurden sorgfältig entfernt.

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